HAWK-Studierende analysieren ökologische Fragen in Norddeutschlands Wäldern

Erscheinungsdatum: 03.09.2025

Rund hundert Studierende der Forstwirtschaft reisten eine Woche in die Lüneburger Heide. Erstmals organisierte die HAWK-Fakultät Ressourcenmanagement in Göttingen eine große Exkursion mit Forstwirtschaftsstudierenden ins norddeutsche Flachland. Klimawandel, Schädlingsbefall und Standortkunde standen ebenso im Zentrum wie Naturschutz – nebst einer Wolfssichtung. 
 

Eine Woche in der niedersächsischen Heide – für die über hundert Forstwirtschaftsstudierenden der HAWK-Fakultät Ressourcenmanagement war die Exkursion weit mehr als ein bloßer Ausflug. „Ein großer Teil Niedersachsens ist eben Flachland, nur ein kleiner Teil Bergland. Deshalb ist es für unsere Studierenden sehr wichtig, wenn sie in Niedersachsen bleiben und dort arbeiten wollen, diese Region genauer anzuschauen“, so Dr. Andreas Koch-Neumeyer mit Hinblick auf spätere Einsatzgebiete. Als Dozent leitete er die Exkursion zusammen mit dem Lehrbeauftragten Henning Ibold von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Die Geschichte des bekannten Flachlands stand ebenso im Fokus wie sein gegenwärtiger Zustand. Viele Flächen der Heide stammen aus einer historischen, fast baumfreien Nutzungstradition, die im 19. und 20. Jahrhundert durch großflächige Aufforstungen mit Kiefern geprägt wurde. Diese gleichförmigen Bestände sind inzwischen weniger resistent gegen Krankheiten wie Trockenstress und Insektenbefall. „Wir haben Reihenbestände aus Kiefern, die aufgrund des Klimawandels durchaus anfällig sind. Die Studierenden sollten in der Exkursion vermittelt bekommen, wie man sie weiterentwickeln kann – ob durch Mischbaumarten oder neue Aufforstungskonzepte“, so Koch-Neumeyer zu den Zielen der Reise.

 

Das Programm reichte von der Erkundung der Ausgangslage über neue Pflanzungen bis zur Frage, wie sich geschädigte Bestände umbauen lassen. Dabei bekamen die Studierenden nicht nur Theorie vermittelt, sondern konnten im Gelände konkrete Situationen analysieren und diskutieren.

Um den Blick zu weiten, lud die HAWK Fachleute verschiedener Institutionen ein. Von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, dem Forstamt Südostheide, der Forstsaatgutberatungsstelle bis hin zu den Landes- und Bundesforsten brachten Expert*innen das Know-how ihrer Organisationen ein. Auch der Bund Deutscher Forstleute beteiligte sich. „Wir verstehen uns als Hochschule für angewandte Wissenschaften. Da ist es gut, wenn wir Kolleg*innen aus der Praxis befragen, die uns unterstützen“, so Koch-Neumeyer.
Für die Studierenden bedeutete dies ein Lernen auf mehreren Ebenen zugleich: wissenschaftlich fundiert, aber stets verbunden mit beruflicher Realität und konkreten Aufgabenstellungen.

Neben den Grundlagen des Waldbaus wurden auch aktuelle Krisen in den Mittelpunkt gerückt. Denn längere Trockenperioden, steigende Temperaturen und die damit verbundenen Schädlingsbefälle sind Dauerprobleme in Kiefernwäldern. „Es kommt zu starken Vermehrungen, und hektarweise Flächen können ausfallen“, kommentiert Koch-Neumeyer die derzeitige Situation. 
Die Studierenden lernten deshalb Methoden kennen, mit denen Förster*innen Schädlinge rechtzeitig erkennen und bewerten können. Dazu gehört das Monitoring von Insektenspuren, zum Beispiel Puppensuche im Waldboden. Eine eher unscheinbare Tätigkeit, die aber entscheidend ist, wenn es darum geht, Kalamitäten – also einen akuten Befall – zu verhindern oder Maßnahmen zur Wiederaufforstung einzuleiten.
Ein unerwartetes Erlebnis stellte für viele Exkursionsteilnehmende einen kleinen Höhepunkt dar: die Begegnung mit einem Wolf – ein eindrucksvoller Moment: „Für unsere Studierenden war das natürlich etwas Besonderes. Aber für diejenigen, die dort regelmäßig arbeiten, gehört ein Wolf mittlerweile fast zum Alltag“, so Koch-Neumeyer. Das Thema ist dabei mehr als eine Randnotiz: Wolfsrisse an Nutztieren, die Begutachtung durch Fachstellen und die gesellschaftliche Debatte machen die freilebenden Wolfspopulationen zu einer ständigen Aufgabe für Förster*innen, im Spannungsfeld von Naturschutz, Landnutzung und Forstpraxis.  

Die Teilnehmenden selbst betonten im Nachgang vor allem die Vielfalt der Einblicke positiv. Eine Studentin hob die Bodenkunde hervor: „Mir hat am besten an der Heide-Exkursion gefallen, dass wir mal einen Unterschied gesehen haben zu den ganzen Laubbäumen auf den vorherigen Exkursionen. Ich nehme auf jeden Fall mit, dass Buchen viel langsamer auf Sandböden groß werden.“ Ein anderer Teilnehmer bemerkte, die Exkursion sei inhaltlich sehr vielfältig gewesen und er habe „vor allem den Weg vom Saatgut bis zum fertigen Bestand mitgenommen“.
Auch organisatorische Aspekte fanden Anerkennung. „Es gab klare Abläufe, und die Themen wurden fachlich sehr gut von unseren netten und umgänglichen Dozenten transferiert“, so eine weitere Studierende. Nicht zuletzt wurden auch die Gruppen-Erfahrungen betont: gemeinsame Abende, gewachsener Zusammenhalt im Semester und das Gefühl, über Fachdisziplinen hinweg neue Netzwerke geknüpft zu haben.

Auch Dr. Andreas Koch-Neumeyer zog ein klares Resümee: „Unsere Studierenden werden die Bilder aus der Heide nicht vergessen. Sie sind dadurch kompetenter geworden und können später im Beruf auf diese Eindrücke zurückgreifen.“ Deshalb solle die Exkursion nun regulär im Lehrplan des 4. Semesters etabliert werden.