Angehende Produktdesigner*innen arbeiteten mit Pflegeheim St. Paulus zusammen

Erscheinungsdatum: 25.07.2025

Wie sieht der Alltag in der Pflege aus? Vor welchen Herausforderungen und Problemen stehen Pflegende und wie ist es, wenn man selbst Pflege benötigt? Diese Fragen haben sich 5 HAWK-Studierende der Fakultät Gestaltung im vergangenen Semester im Rahmen eines Produktdesign-Projektkurses gestellt. Ihr Ziel: Produkte gestalten, die Senior*innen und Pflegenden im Alltag helfen. Dafür besuchten sie das Altenpflegeheim St. Paulus in Hildesheim und tauschten sich mit Bewohner*innen und Mitarbeitenden aus, um ein Gefühl für ihren Alltag zu bekommen. Nun haben sie ihre Produktentwicklungen präsentiert.

Neben Verwaltungsprofessor Julian Witte, der das Projekt leitete, und zahlreichen Interessierten aus der Fakultät waren auch Inge Link-Petzold und Therese König als Bewohnerinnen von St. Paulus sowie Heimleiterin Christiane Ernst und Qualitätsmanagerin Katharina Abel-Rohde dabei, um die Ideen der Studierenden zu begutachten.

 

Die angehenden Produktdesigner*innen hatten sich jeweils ein Alltagsproblem vorgenommen, für das sie eine innovative Produktidee entwickelten – von der Mundhygiene über das Wundliegen im Pflegebett bis hin zu Sturzprävention im Badezimmer.

Studentin Gina Wuttke stellte eine elektrische Zahnbürste vor, die sie speziell für Menschen mit Arthritis konzipierte. Den idealen Durchmesser des Griffes testete sie mit ihren eigenen Großeltern, eine spezielle Form verhindert das Wegrollen und leicht wechselbare Aufsätze decken die gesamte Mundhygiene ab – bis hin zur Prothesenreinigung.

Wenn Menschen sich nur noch wenig bewegen können, haben sie oft mit Druckgeschwüren (Dekubitus) vom Liegen zu kämpfen. Valeriya Mykhaylychenko konzipierte darum eine Anti-Dekubitus-Matratze, die sich durch ihre ansprechende Form und ihre Modularität von vergleichbaren Produkten abhebt. Mit einem Überwachungsmodul an der Decke möchte Yanic Eiynck demselben Problem entgegenwirken. Ein kleiner Empfänger erinnert Pflegekräfte an die Umlagerung oder alarmiert sie bei einem Sturz aus dem Bett. Stürze im Badezimmer möchte Liz-Keira Ebbighausen verhindern. Dafür entwickelte sie eine Badematte, die nicht nur den Bereich von der Badewanne bis zum Boden davor durchgehend rutschfest macht, sondern auch als stylisches Design-Element durchgeht.

Dustin Garratt widmete sich dem Thema Tablettenausgabe – diese allein nehme auf einer Pflegestation etwa 4 Stunden Arbeitszeit in der Woche in Anspruch. Er konzipierte einen Tablettenspender, mit dem mehrere Medikamente zu verschiedenen Zeitpunkten ausgegeben werden können. Wichtig war ihm dabei die Sicherheit – die Behälter sind per Pin oder Fingerabdrucksensor gesichert – und die Verbindung mit einer App. So kann eine pflegende Person beispielsweise sehen, ob die Tabletten ausgegeben wurden und ob etwas nachgefüllt werden muss.

Für Garratt war das Projekt eine ganz besondere Erfahrung. „Wir konnten mit einzelnen Bewohner*innen Zeit verbringen und haben nicht nur über Probleme gesprochen, sondern über Gott und die Welt“, berichtet der Student. Heimleiterin Christiane Ernst beeindruckte vor allem die Unvoreingenommenheit der Studierenden: „Ohne Schranken im Kopf überlegen – das fehlt uns oft im Alltag.“ Und trotz dieser Unvoreingenommenheit hätten sich die Studierenden sehr gut in das Thema eingearbeitet, findet Heimbewohnerin Inge Link-Petzold. „Dass man auch mal an die Alten denkt in einer so jungen Community, finde ich gut. Wenn Entwicklungen designtechnisch durchdacht werden, umso besser.“

Für Kursleiter Witte werden die sogenannten „Golden Ager“, also Menschen über 65, auch für Designer*innen zukünftig an Relevanz gewinnen wird. „Die Zahl der älteren Menschen wächst und das Thema Pflege wird noch mehr in den Vordergrund rücken.“ Schließlich seien schon jetzt 31 Prozent der Menschen dieser Altersgruppe pflegebedürftig. In den Ideen seiner Studierenden sieht er gute Ansätze für die Zukunft: „Es sind natürlich noch keine fertigen Produkte, aber sie setzen wertvolle Impulse und ließen sich durchaus weiterentwickeln.“