Wie wird mit Mehrsprachigkeit im Kindesalter in unterschiedlichen Ländern umgegangen? Ein neues Format an der Hochschule, das eine Online-Phase mit einer Präsenzphase kombinierte, ermöglicht Studierenden und Lehrenden aus Deutschland, Griechenland, Irland, Österreich, der Schweiz, Tschechien und den USA einen Austausch zu Theorie und Praxis Multilingualer Sprachbildung. Von der HAWK nahmen Studierende aus dem Bachelorstudiengang Kindheitspädogik teil.

BIP: wichtiges Format zur Weiterentwicklung von Sprachbildung in Niedersachsen und zur Internationalisierung an der HAWK

Zweites Online-Seminar: Austausch, Forschung und praktische Ansätze aus Europa, den USA und der Ukraine

Im Herbst 2024 trafen sich Lehrende und Studierende aus den USA, Tschechien, Griechenland, Österreich, der Schweiz, Irland, Luxemburg und Deutschland jeden zweiten Donnerstag für zwei Stunden online. Beteiligte der Partnerhochschulen sowie externe Gäste gestalteten jeweils eine Sitzung zu Sprachbildung und Mehrsprachigkeit. Dabei gab es neben Impulsvorträgen und Abfragen viele Austauschmöglichkeiten für die Beteiligten durch Kleingruppenphasen in „breakout rooms“. In den Kleingruppen wurden die jeweiligen Themen besprochen und z.T. konkrete Arbeitsaufträge bearbeitet. Die Studierenden lernten sich aber auch untereinander sowie die unterschiedlichen Regelungen im System der frühkindlichen Bildung der einzelnen Länder kennen. 

 


Nach einer Einführung von Prof. Dr. Tim Rohrmann von der HAWK Hildesheim und Prof. Dr. Jean Plaisir vom Borough of Manhattan Community College in New York in der ersten Sitzung gaben Maria Fürstaller und ihren Studierenden von der FH Campus Wien/Österreich Einblicke in studentische Forschungsprojekte zum Thema Mehrsprachigkeit in österreichischen Kindertageseinrichtungen. Für den dritten Vortrag war Prof. Claudine Kirsch von der Universität Luxemburg zu Gast, eine der weltweit führenden Expertinnen zu multi- und translingualer Sprachbildung. Basierend auf den Erfahrungen im mehrsprachigen Luxemburg diskutierte sie mit den Teilnehmenden Mehrsprachige Ansätze für Lehren und Lernen: Von der Anerkennung bis zur Nutzung von Mehrsprachigkeit in der europäischen Regelschulbildung. Johanna Quiring von der PH St. Gallen/Schweiz führte in der vierten Sitzung in aktuelle Forschung zu Kommunikativer Teilhabe in Gesprächen über Sprachen im Kindergarten ein. Jean Plaisir und Tim Rohrmann beendeten die Online Seminar Reihe mit praktischen Ansätzen zur Implementierung multilingualer Sprachbildung in frühkindlichen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen.
Bestandteil der Onlinephase war zudem die Internationale Online-Konferenz Approaches to creative learning in early childhood education mit vier internationalen Gästen. Prof. Dr. Oresta Karpenko von der Drohobych University in der Ukraine verdeutlichte anschaulich die Situation der frühkindlichen Bildung in der Ukraine während des Krieges und die damit verbundenen Herausforderungen und Möglichkeiten. Prof. Oliver Thiel von der ERASMUS-Partnerhochschule QMUC Trondheim inspirierte die Teilnehmenden mit spielerischen Ansätzen für die frühe mathematische Bildung. Dr. Efthymia Tsiara und Ass. Prof. Dr. Konstantina Rentzou von der University of Ioannina berichteten Szenarien und Beispiele zu mehrsprachiger Sprachbildung aus einem griechischen Kindergarten, und Anja Siemens von der HAWK Hildesheim stellte ein Forschungsprojekt zur Arbeit mit Kindern im Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung vor.
Zwischen den Online-Seminaren trafen sich die HAWK-Studierenden mit Prof. Rohrmann zu Präsenzsitzungen. Hier ging es darum, sicherer im Gebrauch der englischen Sprache zu werden, die für den Fachaustausch erforderlichen Fachbegriffe zu erlernen und Inhalte vor der Gruppe präsentieren zu können. Zudem wurden Zugänge zu englischsprachigen wissenschaftlichen Texten erarbeitet. 
 

Frühjahr 2025: Internationale Studierende zu Gast in Hildesheim

Anfang April 2025 war die HAWK Hildesheim dann Gastgeber für die Präsenzphase des BIP. Rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus vier europäischen Ländern kamen in Hildesheim zusammen, um sich über die Herausforderungen und Chancen von Mehrsprachigkeit in der frühkindlichen Bildung auszutauschen. Ziel war es, voneinander über Landesgrenzen hinweg zu lernen und gemeinsame neue Ansätze für den Umgang mit Mehrsprachigkeit zu entwickeln. Die Praxiswoche bot dabei nicht nur theoretische Einblicke, sondern auch praktische Erfahrungen vor Ort. 

 


Die Woche begann mit einer Willkommensveranstaltung an der HAWK Hildesheim. Im Anschluss an das Kennenlernen folgte ein Stadtrundgang, der den internationalen Studierenden und Lehrkräften einen ersten Eindruck von der Welterbe-Stadt Hildesheim und ihrer beeindruckenden Geschichte gab.
Am zweiten Tag stand der Austausch über mehrsprachige Kindheiten und Praxiserfahrungen im Vordergrund. Neben Einführungen in die Systeme der frühen Bildung in den beteiligten Ländern setzten sich die Teilnehmenden mit interkultureller Kommunikation sowie der Bedeutung von Sprache für Übergänge und Beziehung im Kontext der Kita auseinander. 
Besonders beeindruckend für die Teilnehmenden waren die Besuche von Praxiseinrichtungen. Dazu wurden die internationalen Studierenden und die begleitenden Dozierenden in mehrere Gruppen aufgeteilt, die ein- und mehrsprachige Kindertageseinrichtungen in Alfeld, Hannover und Hildesheim sowie eine Berufsschule besuchten. Zudem wurden zwei Sprachberatungsstellen vorgestellt. Dies gab den Beteiligten vielfältige Einblicke in das deutsche Kindergartensystem. Zudem wurden den Gästen die Lernwerkstätten des Studiengangs vorgestellt: die Ästhetische Werkstatt/Labor, die Sprachwerkstatt und die Lernwerkstatt Campus Kinder mit der mobilen Schreibwerkstatt. 
Ein Highlight des Programms war eine Exkursion nach Bad Harzburg, auf der die internationalen Teilnehmenden den Nationalpark Harz und das Projekt zur Luchsauswilderung kennenlernten. Bei strahlendem Sonnenschein und rechtzeitig zur Luchsfütterung wurde das Luchsgehege erreicht. 
Der letzte Tag der Präsenzwoche diente der Reflexion der vielfältigen Eindrücke. Es folgte eine abschließende Runde, in der sich alle voneinander verabschieden konnten. Insgesamt war die BIP Woche ein Erfolg, und alle Teilnehmenden berichteten über positive Aspekte und Erinnerungen, die sie in dieser Zeit machten. „Wir sehen, dass viele Länder monolinguale Traditionen haben“, fasste Prof. Dr. Tim Rohrmann zusammen, „aber alle Sprachen, die Kinder mitbringen, sind wichtig. Eigentlich können alle Kinder hervorragende multilinguale Sprachlerner sein, wenn man Raum dafür gibt und sie dabei gut begleitet.“ Am Ende der Woche waren sich die Beteiligten einig: Das Seminar habe nicht nur neue Perspektiven eröffnet, sondern auch gezeigt, wie wichtig es ist, Kinder auf ihrem Weg zur Mehrsprachigkeit zu unterstützen.
 

Das dritte Online-Seminar: Vorbereitung der Präsenzphase in Griechenland

Das zweite ERASMUS Blended Intensive Program begann im Oktober 2025 mit der Online-Phase, diesmal von der Universität von Ioannina/Griechenland in Zusammenarbeit mit der HAWK veranstaltet. Unter Federführung von Ass. Prof. Dr. Konstantina Rentzou konnten wieder Referent:innen aus mehreren Ländern gewonnen werden, die Online-Lehrveranstaltungen zu verschiedenen Aspekten multilingualer Sprachbildung gestalten. Aufbauend auf den Erfahrungen vom letzten Mal wurden sowohl die inhaltlichen Aspekte vertieft als auch die Möglichkeiten der Beteiligung der Studierenden erweitert. 

 


Die Vermittlung von theoretischen Grundlagen wurde durch eine Auseinandersetzung mit internationalen Strategien sowie nationalen Curricula zu Sprachbildung in der Kita vertieft. Prof. Dr. Barbora Loudová Stralczynská von der Karls-Universität Prag und Dr. Maria Fürstaller von der Hochschule Campus Wien stellten internationale Strategien der EU, der OECD und der UN vor, mit denen Mehrsprachigkeit bereits in der frühen Bildung gefördert werden soll. So betont eine neue Handreichung der UNESCO1 die Bedeutung von Mehrsprachigkeit als ein „fundamentales Merkmal des Menschen“ und sieht multilinguale Sprachbildung als „essentiellen pädagogischer Ansatz“. Vor diesem Hintergrund setzen sich die Teilnehmenden mit den Rahmenrichtlinien für Kitas in ihren Ländern auseinander. Für Niedersachsen wird dabei deutlich, dass die Weiterentwicklung von Sprachbildung und Sprachförderung multi- und translinguale Ansätze deutlich mehr als bisher aufgreifen muss.
Auch Prof. Dr. Claudine Kirsch, Johanna Quiring und Prof. Dr. Jean Plaisir sind wieder am Programm beteiligt. Die internationale Online-Konferenz am 4. Dezember 2025, die von der Universität Ioannina gemeinsam mit den Partnerhochschulen organisiert wird, hat das Thema Supporting children’s agency in a diverse and multilingual world. Gastredner sind Dr. Joanne McHale aus Dublin/Irland, Ass. Prof. Dr. Isaak Papadopoulos von der International Hellenic University, Griechenland, Prof. Renata Zanin Scaratti von der Freien Universität Bozen-Bolzano/Italien sowie Verw. Prof. Dr. Bianka Wachtlin von der HAWK, die von der interprofessionellen Kooperation von Kindheitspädagogik und Logopädie im laufenden Projekt SpraBiL berichten wird.
Zusätzlich zu den Online-Terminen treffen sich die HAWK-Studierenden wieder in Präsenz, um ihre Englischkenntnisse weiter zu entwickeln und die Präsenzphase in Griechenland vorzubereiten.
 

Ausblick: Exkursion nach Griechenland – und Pläne für den dritten Durchgang

Im März 2026 werden sieben Studierende der HAWK gemeinsam mit Prof. Dr. Rohrmann, Verw.-Prof. Dr. Bianka Wachtlin und Dr. Halah Elkarif an die Universität Ioannina in Nordgriechenland zur Präsenzphase des BIP fahren. Das Programm wird vielfältige Seminareinheiten mit den internationalen Studierenden der anderen Partnerländer, Begegnungen mit Studierenden der Universität Ioannina und Praxisbesuche in verschiedenen Einrichtungen umfassen. Außerdem fällt der griechische Nationalfeiertag, der mit Paraden groß gefeiert wird, in den Zeitraum des Besuchs. Die Reisegruppe ist schon sehr gespannt darauf, die Studierenden aus den anderen Ländern „live“ zu treffen, die Partnerhochschule kennenzulernen und Eindrücke aus der Praxis griechischer Kitas zu gewinnen.

 


Für das Wintersemester 2026/27 ist eine Fortführung des Vorhabens bereits in Planung. Dann soll voraussichtlich der ERASMUS-Partnerhochschule in Prag die Federführung übernehmen, und die Präsenzphase soll mit einer internationalen Forschungskonferenz verbunden werden.
Insgesamt leistet die Kindheitspädagogik an der Fakultät für Soziales und Gesundheit mit diesem Programm einen wichtigen Beitrag sowohl zur Weiterentwicklung von Sprachbildung in Niedersachsen als auch zur Internationalisierung der HAWK.

Eckdaten zum Projekt

Studiengang
B.A. Kindheitspädagogik

Studienbereich 
Soziales

Zeitraum 
fortlaufend, Start des 2. Durchlaufs im WiSe 2025/26

Externe Beteiligung
verschiedene internationale Partneruniversitäten z. Zeit Universität von Ioannina/Griechenland 

Ziel 
Austausch über internationale Perspektiven auf Mehrsprachigkeit in Kitas

Verortung in Modulstruktur
Seminar im Modul KP08 Lernort Praxis oder in KP18 Kindheitspädagogische Vertiefung
Weitere Informationen im Modulhandbuch